Das sogenannte „Abstillen nach Gordon“ ist eine von Jay Gordon erfundene Methode, ältere Kinder zum Durchschlafen zu bewegen. Wir erklären dir hier in einer kurzen Übersicht, was es damit auf sich hat.
Der Hintergrund
Gerade gestillte Kinder haben es nachts oft schwer, wieder in den Schlaf zu finden – sie brauchen einfach einen kurzen Moment die Brust im Mund, um entspannt die Augen zu schließen. Für viele Mütter bedeutet das viele, viele Monate – wenn nicht gar Jahre – unruhigen Schlafes.
Bei vielen erwächst der Wunsch, wenn schon nicht ganz abzustillen, so doch wenigstens in der Nacht nicht mehr ständig die Brust herausgeben zu müssen.
Nun gibt es eine Menge Abstill- und Durchschlafprogramme, die von Eltern schwer gefürchtet sind: Da geht es ums Allein- und Schreienlassen, was heute einfach nicht mehr zeitgemäß ist (und das vielleicht auch niemals hätte sein sollen).
Jay Gordon, der erste männliche Arzt, der das sogenannte „IBCLC“-Examen für Stillberater abgelegt hat, versteht diese Sorge, versteht aber auch andererseits die Nöte völlig erschöpfter Frauen, die nachts ein Dutzend Mal (oder häufiger) ihr Baby an die Brust stöpseln müssen.
Kleine Nebenbemerkung: Dr. Gordon hat auch ein paar kontroverse/bedenkliche Ansichten zum Impfen, die hier aber nicht weiter besprochen werden sollen.
Deshalb hat er einen Plan zum nächtlichen Abstillen entworfen, den seitdem wohl tausende von Müttern umgesetzt haben: Das sanfte „Abstillen nach Gordon“.
Wie funktioniert das Abstillen nach Gordon?
Der nächtliche Abstillprozess verläuft in drei Phasen. Es ist jederzeit möglich, eine Phase länger als vorgeschlagen durchzuziehen oder auch mal wieder von vorne anzufangen, wenn Mama und/oder Baby doch noch nicht dafür bereit sind.
Gordon schlägt vor, mit dem nächtlichen Abstillen erst nach Ende des ersten Lebensjahres zu starten, da es nicht allzu natürlich sei, dem Baby schon vorher die Brust vorzuenthalten – und weil Kinder nach einem Jahr schon deutlich besser verstehen, was die Mama eigentlich von ihnen will.
Phase 1 – Nicht an der Brust einschlafen
In jeder Phase spielt die Zahl 7 eine große Rolle – vielleicht weil die 7 eine Glückszahl ist, aber eher, weil sich das Abstillen nach Gordon auf 7 Stunden in der Nacht konzentriert.
Es geht also nicht darum, dass vom ersten Schnarcher deines Babys an bis zum letzten morgendlichen Aufwachen nicht mehr gestillt wird. Es geht tatsächlich erstmal nur um 7 Stunden, in denen dein Kind lernen soll, dass es gerade keine Milch mehr gibt. Ob du diese 7 Stunden von 22 Uhr bis 5 Uhr, oder von 24 bis 7 Uhr legst, das ist ganz dir überlassen.
Die erste Phase funktioniert so: Vor deiner festgelegten Zeit, also zum Beispiel noch um 21:55 Uhr, gibst du deinem Baby alles, was es braucht, wenn es aufwacht. Aber ab Beginn der 7 Stunden, also zum Beispiel ab 22:00 Uhr, gilt eine neue Regel:
Dein Baby darf trinken – aber nicht beim Trinken einschlafen!
Das bedeutet für dich eine gewissen Anstrengung. Selbst wahrscheinlich hundemüde, musst du genau beobachten, wie dein Kind an der Brust langsam wegdämmert – aber es noch ehe es wirklich schläft wieder abzudocken.
Dein Kind wird das maximal nervig finden. Es will doch aber an der Brust einschlafen! Tröste es, streichle es, halte die lange Zeit und das Meckern aus, die diese Phase jede Nacht kosten wird. Aber lass dein Baby nicht an der Brust einschlafen.
Phase 2 – Nicht mehr Stillen, aber hochnehmen
Die erste Phase ziehst du nach Gordons Vorstellung drei Nächte lang durch. Dann gehst du in die zweite Phase über:
Dein Baby darf mit allen Mitteln getröstet werden – aber es bekommt nicht mehr die Brust.
Das ist im Prinzip schon der „brutale“ Schritt, wo es nachts einfach keine Milch mehr gibt. Dein Kind wird schreien und toben! Und du wirst das ganze Repertoire mütterlicher Beruhigungsmethoden durchdeklinieren, vom Streicheln, über das Singen, bis hin zum Hochheben und Schunkeln.
Phase 3 – Nicht mehr Stillen, nicht mehr hochnehmen
Und dieses Hochnehmen beendest du dann in Phase 3, wiederum nach drei Nächten. Du kannst (und sollst) natürlich weiterhin trösten, streicheln, singen, usw. – aber nicht mehr mit dem Kind auf dem Arm.
Häufig fängst du dir durch das Schunkeln und herumtragen das nächste Problem ein: Dein Kind will zwar nicht mehr zur Beruhigung an die Brust, jetzt will es aber das Hinundherschaukeln nicht mehr missen, kann am Ende nur noch einschlafen, wenn es wackelt und ruckelt. Das bringt deinen Schlaf auch nicht weiter!
Also: In Phase 3 dein Kind nicht mehr hochnehmen.
Und dann?
Und dann hast du, wenn du die Phasen durchgezogen hast, im Idealfall ein Kind, das zwar weiterhin nachts wach wird, aber das irgendwann lernt, dass man keine Angst haben muss, wenn man neben der Mama liegt. Deine Anwesenheit, vielleicht dein Geruch oder dein Schnarchen, werden dann hoffentlich schon ausreichen, um zum Durchschlafen zu führen.
Aber es ist so furchtbar, wenn das Kind schreit!
Absolut verständlich. Geht uns genauso.
Du bist keine schlechte Mutter, wenn du so ein „sanftes Abstillen“ durchführst. Klar, dein Baby will gewisse Privilegien nicht aufgeben. Es will auch einfach beruhigt schlafen können. Aber du bringst ihm bei, alleine zu schlafen – das muss jeder irgendwann lernen. Und eine ausgeschlafene Spielmama ist am nächsten Morgen ein viel größerer Spaß, als eine kaffeetrinkende, fluchende und schlurfende Zombiemama, die eigentlich nur schlafen will.
Gleichzeitig bist du aber auch keine schlechte Mama, wenn du „versagst“, also das Abstillen nach Gordon nicht durchziehst. Im Gegenteil: Du bist eine empathische Mama, die vielleicht einfach noch nicht bereit ist, das nächstliche Stillen vorzuenthalten. Die auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingeht.
Beide Vorgehensweisen halten wir für ganz richtig: Es muss immer ein Weg gefunden werden zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen des Kindes. Und wenn das eine dem anderen gerade überwiegt: Dann ist das eben so.